Wie Tischler von der Digitalisierung profitieren

Bundesinnungsmeister Gerhard Spitzbart ©Michael Liebert
Als Bundesinnungsmeister ist Gerhard Spitzbart Sprachrohr der Tischler und Holzgestalter in ganz Österreich. ©Michael Liebert

25.04.2022

Interview mit Gerhard Spitzbart, Gründer und Geschäftsführer von SFK, Bundesinnungsmeister der Tischler und Holzgestalter und Mitglied im Beirat des Building Innovation Clusters. Der Unternehmer sieht keinen Widerspruch zwischen Tradition und Innovation – beides ist für die Branche wichtig.

Als Bundesinnungsmeister ist Gerhard Spitzbart Sprachrohr der Tischler und Holzgestalter in ganz Österreich. Der Gründer und Geschäftsführer der SFK Technologie Manufaktur versteht es, die Chancen moderner Technologien in seinem Betrieb erfolgreich zu nutzen. SFK verbindet Tradition mit Innovation und gilt als Vorreiter in der Verarbeitung zukunftsweisender Werkstoffe. Im Interview verrät Spitzbart, wie es um den technologischen Reifegrad der Branche steht und wie Tischler von der Digitalisierung profitieren können.


Herr Spitzbart, inwieweit ist das Handwerk in Oberösterreich schon digitalisiert? Welche Rolle spielen neue Technologien in den Betrieben?

Da kann ich nur für die Tischler sprechen. Die Tischler- und Möbelbranche weist einen sehr hohen Digitalisierungsgrad auf – allerdings sind oft Insellösungen im Einsatz, die zum Teil wenig kompatibel über die Unternehmensgrenzen hinaus sind. Die ist natürlich hinderlich, wenn es um überbetriebliche Kooperationen geht. Die Durchgängigkeit der digitalen und technologischen Lösungen wird eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre.

 

Wo gibt es noch Aufholbedarf und was sind die größten Hürden bei der Digitalisierung?

Es liegt in der Natur der Sache, dass man bei der Digitalen Transformation immer in Bewegung bleiben muss und tendenziell eher nachhinkt. Das breitgefächerte Angebot ist für den Einzelnen nicht mehr überschaubar und gerade deswegen sind Kooperationen extrem wichtig. Externe Expert:innen und Impulse aus anderen Branchen helfen uns, hier den Blick zu schärfen und die richtigen Entscheidungen zu treffen.

 

Was braucht es, um technologische Innovationen für Unternehmen nutzbar zu machen?

Zuerst einmal braucht es Neugierde, um neue technologische Strömungen zu entdecken. Zweitens braucht man Fantasie, um die Möglichkeiten für das eigene Unternehmen zu identifizieren und zu guter Letzt eine klare Strategie, wo die digitale Reise des eigenen Unternehmens hingehen soll. Und um alles schnell nutzbar zu machen, braucht es den neutralen Blick von außen, starke Kooperationen zwischen den einzelnen Betrieben sowie externe Berater:innen und Organisationen wie den Building Innovation Cluster.

 

Wie können neue Technologien helfen, aktuelle Herausforderungen wie Preissteigerungen, Materialengpässe oder den Fachkräftemangel zu meistern? An welcher Stelle kann eine digitale Technologie sinnvoll Handlungsschritte verändern?

Die Technologie allein bringt noch nicht all zu viel. Wichtig ist aus meiner Sicht, auch die Prozesse anzupassen bzw. neue Prozesse einzuführen. Die Digitalisierung oder – besser gesagt – die Technologie sind für uns Werkzeuge, keine Allheilmittel. Gerade in dynamischen Zeiten, in denen Preise steigen und Material sowie Fachkräfte oft Mangelware sind, sind Effizienz und Geschwindigkeit ein unschlagbarer Vorteil. Standards und gut eingestellte Prozesse, unterstützt durch digitale Technologien, bieten mehr Prozesssicherheit in der Produktion und geben sowohl uns, als auch unseren Mitarbeiter:innen die Sicherheit, die man in so bewegten Zeiten braucht.

 

Kann man auch zu viel digitalisieren? Wo liegen die Risiken dabei?

Zuviel des Guten bringt meistens nicht mehr den erhofften Nutzen. Zuviel auf einmal ist extrem gefährlich. Damit will ich aber nicht sagen, dass die Digitalisierung an sich gefährlich ist. Ich möchte nur die Wichtigkeit der strategischen Planung der Digitalen Transformation hervorheben. Wenn man also mit Bedacht, guter Planung, einer klaren Strategie und mit den richtigen Partnern arbeitet, hat man schon viel erreicht. Wenn man dann auch noch frühzeitig seine Mitarbeiter:innen einbindet, kann eigentlich nicht mehr viel schiefgehen.

 

Wie profitieren Sie in Ihrem Betrieb von der Digitalisierung?

Wir profitieren von einem gewissen zeitlichen Vorsprung, da wir bereits sehr früh mit der Digitalisierung unseres Unternehmens gestartet haben. Den größten Nutzen erzielen wir in der Optimierung der internen Abläufe und der damit verbunden Planungs- und Prozesssicherheit. Das hält einem den Rücken frei, um neugierig in die Zukunft zu blicken und auch für die nächsten Jahre die richtigen Maßnahmen frühzeitig planen zu können.

 

Welche Trends und Entwicklungen haben Potenzial, zu einem echten Gamechanger für die Branche zu werden?

Den einen echten Gamechanger gibt es für unsere Branche wahrscheinlich nicht. Die Tischlerbranche ist sehr vielfältig und die Geschäftsfelder sind zum Teil extrem unterschiedlich. Das geänderte Nutzer- bzw. Kundenverhalten, was den Möbelkauf im digitalen Umfeld betrifft, ist aber sicher ein Trend, der uns alle betreffen wird. Wir müssen uns auf diese Bedürfnisse einstellen und künftig auch digitale Vertriebswege bespielen. Die Digitalisierung endet nicht an der Werkstatttüre.

 

Welche Rolle nimmt der Building Innovation Cluster in diesem Themenfeld ein?

Der Building Innovation Cluster ist für unsere Branche ein wesentlicher Wissensvermittler und fast schon Trendforscher zur Digitalisierung. Auch die durch zahlreiche Projekte angeregten Kooperationen und Austauschrunden liefern einen wesentlichen Beitrag für die Digitale Transformation der Tischlerbranche.


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